Das Hauptuhrwerk besteht aus einem Gehwerk sowie einem Viertelstundenschlagwerk und einem Stundenschlagwerk. Davon getrennt, aber auf gleichem Gestell steht ein Betschlagwerk. Alle drei Schlagwerke sind mit einer Schlossscheibensteuerung ausgestattet, die im Gegensatz zu einer Rechen- oder Staffelscheibensteuerung typischerweise vom Gehwerk der Uhr entkoppelt ist. Bei fehlerhafter Bedienung kann es daher zu einem Verlust der Synchronisation, d.h. zu Abweichungen zwischen Schlag und Anzeige kommen. Und das dann sehr zum Befremden der Anwohner.
Das Gehwerk, dessen Geschwindigkeit durch den Takt eines Pendels geregelt wird, treibt über ein Gestänge die Zeiger der Zifferblätter an jeder der vier Turmseiten an und ist verantwortlich für das Auslösen der Schlagwerke. Das Viertelstundenschlagwerk löst alle 15 Minuten aus (1. Viertelstunde ein Schlag, 2. Viertelstunde zwei Schläge, 3. Viertelstunde drei Schläge, 4. Viertelstunde vier Schläge) und schlägt die im Ton höchste Glocke an. Das Stundenschlagwerk löst jede volle Stunde nach dem Viertelstundenschlagwerk aus (1:00/13:00 Uhr ein Schlag, 2:00/14:00 Uhr zwei Schläge, ….. , 12:00/24:00 Uhr zwölf Schläge) und schlägt die in der Tonhöhe mittlere der drei Glocken an. Das Betschlagwerk löst um 8:00 Uhr morgens, um 12:00 Uhr mittags und um 18:00 Uhr abends aus und schlägt nach den Stundenschlägen zum Beten des Vaterunsers mit neun langsamen Schlägen die im Ton tiefste Glocke an. Was man in der katholischen Kirche als Angelus-Läuten bezeichnet, ist in der evangelischen Kirche das Vaterunser-Läuten. Der erste Schlag entspricht der anfänglichen Anrufung Gottes im Vaterunser, die folgenden sieben Schläge den sieben Bitten im Vaterunser und der neunte Schlag dem Lobpreis Gottes am Schluss des Vaterunsers.
Sowohl das Gehwerk als auch die drei Schlagwerke werden durch an Drahtseilen hängende Gewichte angetrieben. Um die Uhr zum Laufen zu bringen, muss sie also aufgezogen werden, d.h. durch Drehen der vier Walzen muss jedes der Drahtseile aufgewickelt und damit die Gewichte nach oben gezogen werden. Und da die ursprüngliche Uhr bisher nicht verändert wurde, erfolgt dieses Körperkraft voraussetzende Aufziehen immer noch wöchentlich einmal mittels einer Kurbel von Hand. Das scheint zunächst anachronistisch zu sein. Man kann es jedoch auch vom Standpunkt unseres Küsters her betrachten: „So ein Kleinod rüstet man doch nicht auf einen elektrischen Antrieb um, damit man es etwas bequemer hat.“
Jürgen Schreiner